Fachkraftpotenzial: Geflüchtete und Zugewanderte

Ob Restaurants, Handwerksbetriebe oder Krankenhäuser: Der Fachkräftemangel ist auch in Göttingen überall zu spüren. Dass in Zugewanderten und Geflüchteten ein großes Fachkräfte-Potenzial liegt, zeigt das Beispiel von Ange I., die jetzt eine Ausbildung zur Pflegefachfrau begonnen hat.

Der Fachkräftemangel ist überall spürbar. Bestrebungen, die dem entgegenwirken, gibt es z.B. mit dem BFGoe-Projekt „Adelante!“, das bereits ausgebildete, junge spanische Fachkräfte in den regionalen Arbeitsmarkt integriert. Dass auch in anderen Zugewanderten und Geflüchteten ein großes Fachkräfte-Potenzial liegt und wie wichtig daher deren Förderung ist, zeigt das Beispiel von Ange I., die im Dezember 2019 allein aus Ruanda nach Deutschland kam. In Göttingen erwirbt die damals 19-Jährige im Bildungszentrum für Zugewanderte der BFGoe (BiF) Grundkenntnisse in Deutsch und berichtet dort von ihrem Herzenswunsch, irgendwann kranken Menschen zu helfen. Eine erste Bewerbung an der Berufsfachschule Pflege des Evangelischen Krankenhaus Göttingen-Weende scheitert aufgrund der für die Ausbildung noch unzureichenden Sprachkenntnisse. Die junge Frau vertieft deshalb noch einmal sechs Monate lang ihr Deutsch.

Über die von der BFGoe entwickelte Integrationskette, kommt Ange I. vom BiF zum Projekt Vitalia, wo sie erstmals Einblick in das Thema Pflege erhält. Das Angebot, das zu den BFGoe-Jugendwerkstätten gehört, bietet benachteiligten jungen Menschen bis zu einem Alter von 26 Jahren berufliche Orientierung im Themenfeld Gesundheit und Pflege. „Ange hat sich schnell durch ihre Motivation und ihre Zielstrebigkeit hervorgehoben, berichtet Ute Dehn, selbst ausgebildete Krankenschwester und Fachanleiterin im Vitalia-Team. Gemeinsam mit Ange bemüht sich Dehn im Rahmen der Berufsfelderkundung um ein sechswöchiges Praktikum im EK Weende, das Ange anschließend auf einer chirurgischen Station absolvieren kann. Beflügelt durch ihre Praktikumserlebnisse, bewirbt sich Ange erneut. Diesmal mit Erfolg.

Vom Flüchtling zum Praxisanleiter

Ange I. ist nicht die erste Bewerberin mit Migrationshintergrund aus dem Vitalia-Projekt, die diesen Weg beschreitet. Ebenfalls als Teilnehmer absolvierte Sharif I. 2017 ein Praktikum im EK Weende. Im Februar 2018 begann der 2015 aus dem Sudan geflohene junge Mann eine Ausbildung zum Pflegefachmann, die er drei Jahre später erfolgreich abschloss. „Heute ist er auf einer internistischen Station tätig und hat inzwischen einen Praxisanleiterkurs absolviert, d.h. er leitet künftig selbst den fachlichen Nachwuchs an und nimmt Prüfungen ab“, berichtet Ursula Roth, Leiterin der Berufsfachschule Pflege des Evangelischen Krankenhauses Göttingen-Weende.

Sprach-und Qualifizierungsangebote als Türöffner

Vor dem Hintergrund Fluchtbewegungen vor sieben Jahren entwickelte die BFGoe die sogenannte Göttinger Integrationskette. Zugewanderten und Geflüchteten wurden über Sprach- und Qualifizierungsangebote sowie Modulen zur beruflichen Orientierung und Praktika ein Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ermöglicht. Seit jedoch 2020 insbesondere Landesmittel weiter reduziert wurden, erhalten viele Geflüchtete mit ungeklärter Bleibeperspektive nur erschwert einen Sprachkurs. „An diesen zwei Fällen lässt sich aber ablesen, wie wichtig lückenlose Angebote zur sprachlichen und beruflichen Qualifizierung sind“, betont Christine Kruse, zuständig für die BFGoe-Deutschkurse. Am ersten September startete Ange I. in ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau.

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